13. März 2023

BSBD Berlin begrüßt die Bewertung die klare Bewertung des BAG Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Kein Zwang zur automatisierten Arbeitszeiterfassung!

In Dienststellen des Landes Berlin wird derzeit viel darüber diskutiert, wie das BAG Urteil vom 13. September 2022 zur Arbeitszeiterfassung auszulegen ist.

Der dbb beamtenbund und tarifunion berlin hat dies zum Anlass genommen diese Diskussion von der dbb Bundesgeschäftsstelle bewerten zu lassen. Es liegen uns Einschätzungen der Geschäftsbereiche Tarif und Beamte vor.

Ergebnis dieser Bewertung:

Einen Zwang zur automatisierten Erfassung durch elektronische Geräte bzw. elektronische Sensoren sehen wir nicht.

Stellungnahme aus tarifrechtlicher Sicht zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 mit dem Aktenzeichen 1 ABR 22/21

In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf die geltenden europarechtlichen Vorgaben aber gerade nicht entschieden, dass Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen die erforderliche Zeiterfassung nur mit einer „elektronischen Zeiterfassung“ vorzunehmen haben. Vielmehr ergibt sich aus den Gründen explizit, dass dies gerade nicht der Fall ist – und das dem Betriebsrat, der dieses Verfahren betrieben hat, aus diesem Grunde auch kein Initiativrecht im Rahmen des § 87 BetrVG zusteht, dass eine Einführung einer elektronischen Zeiterfassung zum Ziel hatte.

Aus den Gründen ergibt sich nur, dass nach Ansicht der Richter § 3 ArbSchG bei europarechtlich konformer Auslegung dahin anzuwenden ist, dass sich aus dieser Norm die Verpflichtung der Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen ergibt, die Arbeitszeit mittels eines „Systems“ zu erfassen und dieses zur Verfügung zu stellen. Konkret heißt es in den Gründen:

„Die Arbeitgeberinnen sind nach der Rahmenvorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG (vgl. dazu BAG 18. März 2014 – 1 ABR 73/12 – Rn. 23, BAGE 147, 306) verpflichtet, ein System einzurichten, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden der Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen in ihrem gemeinsamen Betrieb erfasst werden.“

Die Vorgabe, ein elektronisches Zeiterfassungssystem einführen zu müssen, ergibt sich laut BAG daraus nicht, da es insoweit keine gesetzlichen Konkretisierungen gibt. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass die Zeiterfassung durchaus auch auf die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen delegiert werden und auch in Papierform erhoben werden kann.

Unsererseits wird vermutet, dass die Kolleginnen/Kollegen in den Dienststellen die Berichtserstattung zu dieser Rechtsprechung falsch interpretiert haben. Eine Zeiterfassung mittels Exceltabellen dürfte nicht im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung stehen.

Stellungnahme aus beamtenrechtlicher Sicht:

Die arbeitszeitrechtlichen Regelungen der Beamtinnen und Beamten sind auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen in den jeweiligen Beamtengesetzen vorrangig in den entsprechenden Arbeitszeitverordnungen des Bundes und der Länder enthalten. Auch die Beamtinnen und Beamten unterliegen grundsätzlich den Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinie.

Vor diesem Hintergrund setzen die Arbeitszeitverordnungen des Bundes und der Länder die wesentlichen Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinie um, in der Regel korrespondierend zu den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes.

Im Hinblick auf das Arbeitsschutzgesetz ist festzustellen, dass auch Beamte/Beamtinnen Beschäftigte im Sinne des Gesetzes sind (§ 2 ArbSchG). § 3 ArbSchG findet somit auch auf Beamtinnen und Beamte Anwendung.

Ergänzend zu der angeführten BAG-Entscheidung vom 13. September 2022 ließe sich noch verweisen auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Mai 2019 (Rs. C-55/18) zur Arbeitszeiterfassung. In dieser Entscheidung hat der EuGH die grundsätzliche Rechtspflicht zur Erfassung der geleisteten täglichen Arbeitszeit bejaht. Die Formulierung in der zitierten EuGH-Entscheidung ist folgende: „(…) ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann (…).“

Für den Beamtenbereich gilt unter Verweis auf die Ausführungen tarifrechtlicher Sicht keine andere Schlussfolgerung bezüglich der Art und Weise der Arbeitszeiterfassung bzw. eines elektronischen Zeiterfassungssystems. Auch aus beamtenrechtlicher Sicht ist nach unserer Einschätzung ist davon auszugehen, dass eine Delegation auf die Beamten möglich ist und eine Erfassung mittels Stundenzettel oder Exceltabelle erfolgen kann.

Einen Zwang zur automatisierten Erfassung durch elektronische Geräte bzw. elektronischen Sensor sehen wir ebenfalls nicht.

Der BSBD Berlin begrüßt die Entscheidung des BAG, stellt sie doch fest, dass die geleistete Zeit erfasst wird und es keine Notwendigkeit zur Einführung der elektronische Zeiterfassung gibt.

Die Veränderungen zur Arbeitszeiterfassung im gesamten Justizvollzug ist ein zweischneidiges Schwert, dass gegen den Willen der Beschäftigten nicht umzusetzen ist.

Hier kann die Praxiskarte heruntergeladen werden:

https://www.dbb.berlin/aktuelles/news/zwang-zur-automatisierten-arbeitszeiterfassung-nein/